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Widerrufsrecht – Heizölbestellung ist keine Ausnahme (BGH Urteil vom 17. Juni 2015, VIII ZR 249/14)

Widerrufsrecht – Heizölbestellung ist keine Ausnahme (BGH Urteil vom 17. Juni 2015, VIII ZR 249/14) Widerrufsrecht – Heizölbestellung ist keine Ausnahme (BGH Urteil vom 17. Juni 2015, VIII ZR 249/14)
Autor: Benjamin Schmidt

Veröffentlicht: 09.09.2015

text widerrufsrecht kwarner fotolia comIm Grunde nach steht jedem Verbraucher beim Kauf bei einem Unternehmer ein Widerrufsrecht nach § 312g Absatz 1 BGB zu. Hiervon hat der Gesetzgeber mit der Stärkung der Verbraucherrechte 2014 in § 312 Absatz 2 BGB Ausnahmen formuliert. Über das Bestehen und Nichtbestehen der Ausnahmen wird und wurde häufig vor Gericht gestritten. Während einige Ausnahmen allgemein anerkannt sind, hängen andere von der jeweiligen Betrachtung ab.

Bildnachweis: text widerrufsrecht – © kwarner – fotolia.com

Auch schon vor der Verbraucherrechtsmodernisierung waren die Ausnahmen vom Widerruf stark umstritten.

So musste sich der BGH kürzlich im Rahmen einer Revision mit der Frage auseinandersetzen, ob die Lieferung von Heizöl eine Ausnahme vom Widerrufsrecht darstellt (Vgl. BGH Urteil vom 17. Juni 2015, VIII ZR 249/14).

Zum Sachverhalt:

Zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer wurde über dessen Online-Shop, ein Vertrag über den Kauf von 1.200 Liter Heizöl abgeschlossen. Der Verbraucher hat jedoch die Belieferung verweigert und ist vom Vertrag zurückgetreten. Der Unternehmer hatte in seinen AGB, das Widerrufsrecht in Bezugnahme auf § 312d Absatz 4 Nr. 6 BGB (hierbei handelt es sich um eine alte Fassung vor Neuregelung der Verbraucherrechte im Jahr 2014, welche nun so nicht mehr gilt) ausgeschlossen. Für den Fall, dass der Verbraucher nachträglich stornieren sollte, vereinbarten die Parteien in den AGB einen Schadenersatz in Höhe von 15% des Warenwertes.

Der Unternehmer verlangte nun vom Verbraucher auf Grundlage der AGB einen Schadensersatz.

Das LG Bonn hatte als zuständige Vorinstanz hat dem Unternehmer mir Urteil vom 31.7.2014, (AZ 6 S 54/14) zunächst einen solchen zugestanden. Es stufte hierbei die Heizölbestellung als spekulatives Geschäft ein. Es ging hierbei davon aus, dass Heizöl eine Ware sei, bei welcher der Preis den Schwankungen des Finanzmarktes unterliege. Hierbei dehnt es den Begriff des Finanzmarktes auf den Bereich der Rohstoffbörsen aus.

Der BGH hat jedoch mit seinem aktuellen Grundsatzurteil festgestellt, dass der Handel mit Heizöl zwar Schwankungen unterliegt, der Weiterverkauf an den Endverbraucher jedoch nicht automatisch einen spekulativen Kern beinhaltet. Er sah somit die Norm des § 312d Absatz 4 Nummer 6 BGB (alte Fassung, nicht mehr gültig) als nicht einschlägig an.

Der spekulative Charakter des Geschäftes fehlt laut Ansicht des BGH im vorliegenden Fall, da zwischen Verbraucher und Unternehmer ein Festpreis vereinbart gewesen ist. Die zugrunde liegende Ware (Heizöl) unterliegt zwar eigenständig betrachtet den Schwankungen des Marktes, das Geschäft mit dem Verbraucher selbst jedoch nicht. Beim Heizölkauf durch Verbraucher kann man davon ausgehen, dass der Käufer mit dem erworbenen Heizöl keinen Gewinn erzeugen möchte, sondern dass Heizöl selbst vollständig verbrauchen möchte.

Der Widerruf kann also nicht im Hinblick auf die Preisschwankungen des Rohstoffmarktes ausgeschlossen werden, da eine solche Risikobeschaffenheit der Ware nach allgemeinen Grundsätzen ausschließlich den Verkäufer trifft.

Fazit:

Der Online-Shopbetreiber, welcher seine Waren auch an Verbraucher verkauft, muss darauf achten, dass im Bereich des Rohstoffhandels dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zustehen kann. Dies erlischt – auch nach neuem Verbraucherrecht – erst dann, wenn der entsprechende Rohstoff (hier das Heizöl) untrennbar mit dem Rohstoff des Verbrauchers (Heizöl im Tank) verknüpft ist. Dies ergibt sich schon alleine aus dem Wortlaut des § 312g Absatz 2 Nummer 4 BGB.

Bis zu dieser Vermischung besteht das Widerrufsrecht.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Unternehmer weiß und belegen kann, dass der Verbraucher mit den Rohstoffen spekulieren möchte. Den Unternehmer trifft dann die Beweislast