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Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln im Internet

Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln im Internet Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln im Internet
Autor: Johnny Chocholaty LL.B.

Veröffentlicht: 26.04.2012

Carnitin RechtsprechungAuch Nahrungsergänzungsmittel werden in Online-Shops vertrieben. Arzneimittel dürfen dagegen nur von Apotheken über das Internet verkauft werden.

Vielen Shopbetreibern ist aber unklar, ob beim Vertrieb von Nahrungsergänzungsmitteln auch das Heilmittelwerberecht gilt und welche gesundheitsbezogenen Aussagen erlaubt sind. Welche rechtlichen Regelungen den Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln im Internet regeln, zeigen wir Ihnen anhand von zwei Beispielfällen.

Beispielsfall 1 – Carnitin II – BGH, 26.06.2008 – I ZR 61/05

Im Rechtsstreit ging es um ein nicht als Arzneimittel zugelassenes L-Carnitin Produkt mit einer vom Hersteller angegebenen Tagesdosis von 500 mg. Im Beipackzettel wurden dem Produkt Eigenschaften wie „den Fettstoffwechsel zu optimieren“ und „das Immunsystem zu stimulieren“ nachgesagt. Der Hersteller bezeichnete das Produkt als diätetisches Lebensmittel, vertrieb es aber – in Kapselform und verpackt in Faltschachteln mit Blisterstreifen – ausschließlich über Apotheken. Daraufhin wurde von dem Kläger auf Unterlassung verklagt.

Der Kläger war der Ansicht, dass das Carnitin-Produkt ein Arzneimittel sei. Der Beklagte handele deshalb wettbewerbswidrig, wenn er das Präparat in den Verkehr bringe und bewerbe, ohne dass es als Arzneimittel zugelassen sei. Der Kläger beantragte, den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für das L-Carnitin Produkt mit einer Tagesdosis von 500 mg L-Carnitin pro Capsette zu werben und/oder dieses Mittel zu vertreiben, solange es nicht als Arzneimittel zugelassen ist.

Abgrenzung zwischen Arznei- und Lebensmittel bei Nahrungsergänzungsmitteln

Der BGH entschied unter dem Aktenzeichen I ZR 61/05, dass ein Erzeugnis, welches aus einem Stoff besteht, der auch bei normaler Ernährung als Abbauprodukt im menschlichen Körper entsteht, nicht als Arzneimittel anzusehen ist, wenn die unmittelbare Aufnahme dieses Stoffes zu keiner gegenüber den Wirkungen bei normaler Nahrungsaufnahme nennenswerten Einflussnahme auf den Stoffwechsel führt.
Beruft sich ein Unternehmen auf das Vorliegen eines Funktionsarzneimittels (= „alle Stoffe und Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verabreicht werden, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen“), so muss es die pharmakologische Wirkung dieses Produktes positiv beweisen. Gelingt dies nicht, und können diese fraglichen Produkte keine nennenswerten Wirkungen gegenüber den Wirkungen bei normaler Nahrungsaufnahme auf den Stoffwechsel erzielen, ist das Produkt nicht als Funktionsarzneimittel sondern als Lebensmittel (ggf. in Form eines Nahrungsergänzungsmittels) zu werten.
Im Fall von L-Carnitin handelt es sich um einen Stoff, der in Lebensmitteln in deren natürlichem Zustand vorkommt und sich bei normaler Ernährung auch auf den Stoffwechsel auswirkt. Nach der BGH-Entscheidung handelt es sich folglich nicht um ein Arzneimittel. Das Produkt kann somit als „Lebensmittel“ und ohne arzneimittelrechtliche Zulassung vertrieben und beworben werden. Selbst im Falle einer gleichgewichtigen Verwendungsbestimmung als Lebensmittel bzw. als Arzneimittel wird das Produkt noch als Lebensmittel eingestuft.

Können die Aufmachung und Aussagen zum Produkt daran etwas ändern ?

Nahrungsergänzungsmittel wie L-Carnitin gelten nicht schon alleine des Anscheins wegen durch Werbung und Aufmachung als Arzneimittel. Die Darreichungsform (Capsetten) und die Verpackung (Blisterstreifen in einer Faltschachtel) sowie der Vertrieb über Apotheken ist kein ausreichender Hinweis, dass diese Produkte als Arzneimittel zu werten sind. Wird Lebensmitteln durch Werbung der Anschein eines Arzneimittels gegeben, so stellt § 11 Abs.1 Nr.4 LFGB ein Werbungs- und Verkehrsverbot für diese auf. Die Aufmachung und die Aussagen zu einem Produkt können also durchaus die Einstufung als Lebensmittel beeinflussen. Hier ist Zurückhaltung geboten.